Mellinger Wein – begehrter Saft
03.09.2013 Gewerbe, Kultur, Mellingen, Region Reusstal
Seit Jahrhunderten wuchs an den Südwesthängen von Mellingen Wein, bis der falsche Mehltau und die Reblaus vor rund 100 Jahren dieser alten Tradition ein Ende setzte.
Nach weiteren 100 Jahren entschloss sich die Weinbaufirma Deppeler, Tegerfelden, dieses Jahr im «Rai» südöstlich der Rohrdorferstrasse wieder einen Rebberg anzupflanzen. Da es heuer genau 700 Jahre her ist, dass in der Stiftungsurkunde des Spitals vom Jahre 1313 der Weinbau in Mellingen erstmals urkundlich bezeugt ist, fand es der Vorstand des Vereins «Forum Stadtscheune» reizvoll, im Rahmen eines Museumstreffs Rückschau zu halten und in die Zukunft zu blicken.
Rainer Stöckli erzählte, dass der Wein Jahrhunderte lang das Getränk war, das sogar älteren Kindern zu trinken gegeben wurde. Das Rebgebiet in Mellingen zog sich ober- und unterhalb des heutigen Höhenwegs von der Buggenmühle – dem heutigen Meli-Areal – bis südlich der Rohrdorferstrasse hin und reichte an den steilen Hängen bis an den Buechberg. Weil Mellingen Marktort und zudem sehr bedeutender Etappenort an der wichtigsten Strassenverbindung zwischen Zürich und Bern war, wurden in den Gaststätten Mellingens – hin und wieder zählte man bis zu deren 30 – grosse Mengen Wein getrunken. So wissen wir beispielsweise, dass zwischen Mitte 1638 und Mitte 1639 in den Wirtschaften 88 000 Liter Wein ausgeschenkt wurden.
Eine alte Tradition lebt wieder auf
Winzermeister Walter Deppeler stellte zuerst seinen Weinbaubetrieb in Tegerfelden vor und erzählte, dass er durch persönliche Beziehungen auf den Standort Mellingen aufmerksam wurde. Doch dauerte es zahlreiche Jahre, bis ein geeignetes Grundstück gefunden werden konnte. Zuerst favorisierte man das Gebiet zwischen den Häuserzeilen Bergstrasse/Am Buechberg und dem Wald. Da jedoch dieses Gebiet schwer zu erschliessen war, konnte man sich schliesslich mit dem reformierten Pfarrer von Oberentfelden, Peter Hediger, der durch Erbschaft zu einem Stück Land im «Rai» gekommen war, einigen, hier wieder einen Rebberg anzubauen. Während von Behörde und Bevölkerung von Mellingen beim Baugesuchverfahren nur positive Zustimmung zu spüren war, waren die amtlichen Hürden beim Kanton recht hoch, konnten aber schliesslich doch erfolgreich überwunden werden.
Ideale Lage
Önologe Michael Deppeler, Sohn des Vorredners, bezeichnete vor dem zahlreich erschienenen Publikum den Standort «Rai» mit seinen 1,8 ha Fläche für den modernen Weinbau als sehr ideal. Da der Rebberg an der Rohrdorferstrasse liege, konnte von dieser direkt in den Rebberg eine Güterstrasse gebaut werden. Der Hang sei praktisch ganz nach Süden gerichtet und der Boden mit Sandgehalt sei für den Weinbau noch idealer als der etwas mit Lehm durchsetzte Boden von Tegerfelden. Die dieses Jahr gepflanzten Rebstöcke seien bis jetzt sehr gut gediehen. 2014/15 werde in einer zweiten und dritten Etappe das ganze Gelände bestückt. Vorderhand habe man Riesling-Silvaner, Sauvignon blanc und Pinot noir angepflanzt. Wenn alles gut gehe, könne 2015 der erste Mellinger Wein genossen werden. Vorderhand mussten sich aber die Museumsbesucher mit köstlichen Tropfen von Tegerfelder Rebbergen begnügen.