Die beiden Gitarristinnen der härtesten Schweizer Frauenband kennen sich schon ewig – sie sind Sandkastenfreundinnen

Schwarzes Leder, Nieten und satanische Symbole: Wenn Romana Kalkuhl und Larissa Ernst von den «Burning Witches» die Bühne betreten, pflegen beide ein düsteres Image. Inhaltlich darf es durchaus sanfter sein. Auf dem neuen Album sind auch erhebende Hymnen an die Freundschaft zu hören.

Vom Erfolg wird Romana Kalkuhl zurzeit überrannt. Galt die von ihr gegründete Frauenband «Burning Witches» schon länger als ganz heisser helvetischer Heavy-Metal-Export, hat die Gruppe diesen Status mit ihrem neuen Album «The Witch of the North» zementiert. Die Platte erschien Ende Mai. Noch nie landeten die «Hexen» so weit vorne in den Hitparaden. In Ländern wie der Schweiz, Grossbritannien und den USA erreichten sie die Top Ten, in Deutschland Platz 16 der Albumcharts. Fans aus aller Welt hinterlassen verzückte Kommentare in den sozialen Netzwerken. Videos werden hunderttausendfach geklickt. Konzertanfragen aus aller Welt häufen sich. Hinter diesem Durchbruch steckt Disziplin, harte Arbeit und Hingabe. Romana Kalkuhls Leben dreht sich seit ihren Teenagerjahren hauptsächlich um Musik. Wenn sie nicht mit ihrer Band probt, aufnimmt oder tourt, dann gibt sie Gitarrenunterricht. Beispielsweise an der Musikschule Niederwil. Hier ist sie aufgewachsen, ihre Eltern leben immer noch im Reusstal. Die studierte Musikerin stammt aus einer musikalischen Familie. Ihre Mutter, die Klavierlehrerin, und ihr Vater, der Opernsänger, haben sie stets unterstützt und sind heute grosse Fans, die gerne Konzerte ihrer Tochter besuchen. Ihr Mann, Damir Eskic, ist ebenfalls professioneller Metal-Musiker. Die Leidenschaft des Paares für den Heavy Metal ist echt. Zusammen sind sie auch als Organisatoren des Festivals «Swiss Masters of Metal» bekannt.
Die «Burning Witches» sind in Brugg verortet, wo alle Mitglieder bis auf Sängerin Laura Guldemond, eine Niederländerin, wohnen. Die anderen stehen der Oberhexe in punkto Arbeitseifer in nichts nach. Besonders anstrengen musste sich die neue Gitarristin, Larissa Ernst, die vor etwa eineinhalb Jahren zur Band stiess und auf dem neuen Album das erste Mal zu hören ist. Ihre technisch anspruchsvollen Soli, aber auch ihre Bühnenpräsenz sind das Ergebnis stundenlangen Übens. Larissa Ernst ist ebenfalls in Niederwil aufgewachsen. «Wir haben schon im Alter von sieben Jahren zusammen im Chor gesungen», erzählt Romana Kalkuhl. «Später nahm Larissa Klavierunterricht bei meiner Mutter. Und mit 15 wollten wir unsere erste reine Frauenband gründen. Das hat nicht geklappt, aber die Idee hat mich nie losgelassen.»

Hexen die am Boden bleiben
Freundschaft ist eine der Hauptzutaten ihres Zaubertranks. «Erfolg war nicht wichtig, als die Band gegründet wurde», erinnert sich die 31-Jährige beim Telefoninterview mit dem «Reussbote». Der Spass stand an erster Stelle und das ist bis heute so geblieben. An der Formel ihrer Bandchemie haben die für ihre Musik brennenden Hexen lange getüftelt. Die Band ist für alle mehr als ein Job. Die Mitglieder sehen sich fast jeden Tag. Sie unternehmen auch privat etwas miteinander, feiern, gehen shoppen oder auf Metal-Konzerte. Oder sie entwerfen ihre Bühnenoutfits gemeinsam und stylen sich. «Wir sind gute Teamplayer», bringt die Bandleaderin es auf den Punkt. «Auf dem Boden geblieben. Eine die abhebt, passt nicht zu uns.» Diese unkomplizierte, nahbare Attitüde verkörpern die Musikerinnen auch abseits der Bühne. Sie geht sogar so weit, dass Romana Kalkuhl Fans Gitarrenunterricht anbietet. Sie hat schon Lektionen live aus dem Tourbus gestreamt.
Dieser blieb allerdings im vergangenen Jahr hauptsächlich in der Garage stehen. Was nicht weiter schlimm war. Die Corona-Pause sorgte zwar dafür, dass mit rund 60 ausgefallenen Konzerte eine wichtige Einnahmequelle der Band versiegte. Andererseits konnte sich die neue Gitarristin in Ruhe einarbeiten. Die Band konnte ohne Zeitdruck im Studio an ihrem vierten Album arbeiten. Mit dem Ergebnis ist Romana Kalkuhl voll zufrieden. Es sei heavier geworden, trotzdem eingängiger als die Vorgänger, beschreibt die Rhythmusgitarristin den Unterschied zu vorangegangenen Aufnahmen. «Zum Mitsingen halt. Für mich ist es unsere bisher beste Platte. Wir sind als Musikerinnen gewachsen.» Normalerweise könne sie die Songs, nach der wochenlangen intensiven Beschäftigung während der Produktion, danach eine Zeit lang nicht mehr hören. Dieses Mal ist das anders. «Ich höre unsere Lieder oft und gerne beim Autofahren.»

Heavy Metal im Blut
Unter den zwölf eigenen Songs stechen inhaltlich besonders «We Stand As One» und «Circle of Five» hervor. Eine Hymne an die Freundschaft innerhalb der Band, eine an den Zusammenhalt in der Metal-Szene. Ihr Hexenzirkel sei wieder komplett, singen die Fünf. Ein stolzes Statement über die starke, neue Besetzung. Und «Heavy Metal is our way! Loud and fast is what we want. We stand as on! It is written in our DNA.» Romana Kalkuhl erklärt: «Selbst wenn ich mich mies fühle, geht es mir wieder gut, wenn ich ein Konzert besuche. Innerhalb der Szene helfen sich alle gegenseitig, trinken zusammen und haben eine guten Zeit. Wie in einer grossen Familie.» Umso glücklicher sei sie, dass die Tourneepläne für die kommenden Monate nun Realität werden.

Stefan Böker www.burningwitches.ch

Das ist die Zauberformel der Heavy-Metal-Hexen

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