Niederrohrdorf: Seit Mitte September gibt’s im Dorf eine Bücherbrockenstube. Für alle ist etwas dabei

Jetzt kann gestöbert werden. Seit Mitte September hat Niederrohrdorf eine Bücherbrockenstube. Die Geschäftsführerin nimmt gerne jegliche Art von Literatur entgegen.

Ich bin über ein Jahr lang täglich am leerstehenden und zu vermietenden Raum an der Oberdorfstrasse 4 vorbeigegangen» sagt Suzana Becsei. Sie sei keine Frau der schnellen Entscheidungen, so die 46-Jährige. Sie wollte sich die Sache reiflich überlegen, aber die zweifache Mutter hatte schon lange einen Traum und diesen könnte sie mit der Miete der Räumlichkeiten bestens verwirklichen. Es brauchte noch mal seine Zeit, bis sie sich den berühmten «Ruck» gab und mit pochendem Herzen die Telefonnummer, die auf dem Ausschreibungszettel stand, anwählte. Und dann sei es ziemlich schnell gegangen, so Becsei. «Ich war begeistert ob der positiven Energie der Räume. Sie waren hell, hoch und etwas verwinkelt. Es gab sogar ein WC. Hier konnte ich mir gut vorstellen, meinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen.»
Seit gut drei Wochen hat Niederrohrdorf seine Bücherbrockenstube. 10 000 Bücher findet man in den drei Räumen auf den rund 55 Quadratmetern. Die anderen 30 000 Stück sind in einem Lager ausserhalb verstaut. Alles an Literatur, was das Herz begehrt. Geschickt eingefädelt, denn jetzt folgt wieder die etwas kältere und dunklere Jahreszeit, wo die eigenen Fühler vermehrt gegen innen gerichtet sind, man es sich bei Kerzenlicht, einem feinen Punsch, «eingemummelt» in einer flauschigen Decke auf dem Sofa gemütlich macht und liest.

Viel mehr als nur eine Bücherbrocki
Werner Schaffner, der gerne viel und oft liest, ist in den drei Wochen seit der Eröffnung schon beinahe zum Stammkunden geworden. «Fast täglich gucke ich bei Suzana vorbei und finde immer irgendein Buch, das ich gerne lesen möchte» so der Niederrohrdorfer. Er möge keine E-Books, gibt er zu, und Bücher, die ihm etwas bedeuten, möchte er gerne besitzen und sie nicht wieder in eine Bibliothek zurückgeben. «Die Auswahl an Literatur bei der Bücherbrocki ist überwältigend. Ich kenne nichts Vergleichbares», so Schaffner. Die Bücherbrocki könnte aber, gemäss Becsei, noch viel mehr sein als bloss eine Brockenstube. Die Geschäftsfrau möchte künftig in den Räumlichkeiten Lesungen organisieren, Kurse oder Seminare anbieten, Malkurse durchführen oder Spielund Begegnungsort werden für grosse und kleine Menschen. «Ich weiss, dass die Einsamkeit in unserer Gesellschaft ein grosses Problem ist in der heutigen Zeit, vielleicht kann ich ja mit meinen Projektabsichten diesem etwas entgegenwirken» findet Becsei.

Erstes Pilotprojekt: Eigenes Kinderbuch
Dass Bücher einen speziellen Platz im Herzen von Becsei haben, machte sich bereits in jungen Jahren bei ihr bemerkbar. «Ich malte viel, blätterte in Literatur als ich noch gar nicht lesen konnte und spielte Theater», so die Frau mit kroatisch-ungarischen Wurzeln. Deshalb erstaunt es auch nicht, dass sich Becsei nun selber daran wagt, ein eigenes Buch zu schreiben. Ein Kinderbuch soll es werden zum Thema «Integration». Im Moment brüte sie gerade über einen dazu passenden Titel, verrät sie.

Kaum mehr Zeit zum Lesen
Ob sie selber überhaupt noch zum Lesen komme. «Kaum», winkt Becsei lächelnd ab. Aber wenn sie mal die Muse packt, sind es insbesondere Kinderbilderbücher, medizinische Literatur, Psychologieschunken, Thriller und Esoterikbücher, die sie faszinieren. Und wie gelangt sie überhaupt an die vielen Bücher? Sie sei aktiv auf Facebook unterwegs und etliche ihr unbekannte Menschen schreiben sie an und schenken ihr Bücher oder laden sie ein, bei ihnen zu Hause Bücher abzuholen. Ein Bücherbrocki-Eröffnungsfest ist auf später eingeplant. «Vielleicht beteilige ich mich auch am dorfeigenen Adventsfenster-Event und kann damit meine Bücherbrocki noch etwas bekannter machen», so Becsei.

Isabel Steiner Peterhans

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