Morgen wird die Umfahrung Mellingen feierlich eingeweiht, gesegnet und eröffnet, am Sonntag wird sie für den Verkehr frei gegeben

1925 war erstmals von einer Umfahrung die Rede. 100 Jahre später wird sie eröffnet. – Der «Reussbote» stöberte im Archiv und blickt zurück.

Der Countdown läuft – in wenigen Stunden rollt der Verkehr über die zwei Kilometer lange, neue Umfahrungsstrasse und entlastet die Altstadt. Nach der feierlichen Einweihung, wird die Strasse am Sonntag dem Verkehr übergeben.
Bevor es aber soweit ist, blenden wir zurück. Wir stützen uns auf die Recherchen von Historiker Rainer Stöckli und «Reussbote»-Chefredaktor Benedikt Nüssli. Wie eine Chronologie im Fotoarchiv Mellingen zeigt, reichen ihre Quellen weit zurück. Vieles war nötig, damit es so weit kommen konnte.

1925 erster Umfahrungsvorschlag
Erste Diskussionen, ob flussabwärts eine neue Strassenbrücke gebaut werden soll, gab es 1925. Damals lehnte Mellingen die vom Kanton vorgeschlagene Umfahrung mit einer neuen Brücke unterhalb des Städtchens allerdings ab: Gewerbetreibende und Wirte befürchteten zum einen Umsatzeinbussen, zum anderen hätte Mellingen die Sanierung der bestehenden Holzbrücke bei der Altstadt aus der eigenen Kasse zahlen müssen. Das schien eine zu grosse Belastung für das Gemeindebudget und der Verkehr rollte weiterhin durch die Altstadt.
Erst 60 Jahre später, in den 1980er-Jahren, werden die Umfahrungspläne erneut aufgenommen und 1982 im kantonalen Strassenrichtplan festgelegt. Das Städtli soll vom Durchgangsverkehr entlastet werden.
Was niemand ahnt: Die Mellingerinnen und Mellinger werden einen langen Atem brauchen. Vier Jahrzehnte sollten es werden, weil Projekte angepasst werden, die Umfahrungsstrasse verkürzt und eine Tunnelvariante durch den Grumethügel aus Kostengründen fallengelassen wird.
1993 stimmen Mellingerinnen und Mellinger nach langer Diskussion an einer ausserordentlichen Gmeind einer ersten Etappe vom Tanklager bis Birrfeldstrasse zu und wünschen gleichzeitig die Planung der zweiten Etappe Birrfeldstrasse bis Lenzburgerstrasse. In Wohlenschwil allerdings finden diese Pläne wenig Anhänger. Der Kanton hält sich zurück, sistiert gar das Projekt 1998.

2011: Aargauer Bevölkerung sagt Ja
Der Mellinger Gemeinderat aber gibt nicht auf. Schliesslich genehmigt die Gemeindeversammlung 2005 einen Beitrag von 5 Millionen Franken an die vom Kanton berechneten Gesamtkosten von 20 Millionen Franken. Die Umfahrung indessen wird teurer: Von über 40 Millionen Franken ist die Rede und der Bund wird nichts an diese Strasse zahlen.
Als der Grosse Rat im November 2010 das Bauprojekt genehmigt, unterstellt er den Beschluss dem Behördenreferendum, es kommt zur Volksabstimmung. 2011 sagen die Aargauerinnen und Aargauer Ja zur Umfahrung Mellingen. Zahlreiche Einwendungen gegen das Projekt werden abgewiesen, VCS und WWF allerdings gehen bis vors Verwaltungsgericht und erreichen eine Projektänderung: Die Brücke soll optimaler eingepasst werden. Erst am 2. Juni, kurz nach dem Lockdown, mitten in der Corona-Pandemie, erfolgt der Spatenstich durch den damaligen Gemeindeammann Bruno Gretener und Regierungsrat Stephan Attiger. (hhs)

Zahlen und Fakten

Eine rund 2 Kilometer lange Strasse mit einer Fahrbahnbreite von 7 Metern wird mit einer Verkehrsfläche von 14 000 Quadratmetern neu gebaut. Die Brücke über die Reuss ist 170 Meter lang und 10 Meter breit, fundiert wurde sie auf 36 Bohrpfählen, welche bis zu 36 Meter in den Boden ragen. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 37 Millionen Franken. (red.)

«Rund um Mellige»

Festprogramm, 29. Oktober: 11.30 Uhr Reussbrücke: Ansprachen Stephan Attiger, Regierungsrat; Györgyi Schaeffer, Frau Gemeindeammann; Brückensegnung
12 bis 13 Uhr Umzug, Start auf der Brücke – offen für alle
13 Uhr Freigabe der Umfahrung für den Langsamverkehr
Kleine Kreuzzelg, ab 13 Uhr
Festwirtschaft und Festbetrieb, Infostand der Bauherrschaft, Filmdokumentation zum Bau der Umfahrung 14.30, 15.30, 17.30 Uhr
Konzerte ab 16 Uhr «Hilfssheriff Tom», Kinderkonzert; 19 Uhr Chor Oberstufe Schule Mellingen; 19.15 Uhr Chor Together, Rock & Pop; ab
20.30 Uhr Rock-Coverband Azton.

Jetzt wird eröffnet, was vor 100 Jahren begann

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