Region: Nadja Fedel aus Dottikon machte sich mit ihrer Firma «Roomanizer» als Ordnungscoach und Interior-Design-Beraterin selbstständig

Die Sponsoring- und Eventmanagerin lernte die befreiende Wirkung einer Haushaltsentrümpelung und Umstrukturierung während ihrer Auszeit selbst kennen. Als zertifizierter Ordnungscoach hilft sie nun anderen dabei, überflüssige Dinge loszulassen.

Ich bin schon immer ein sehr ordentlicher Mensch gewesen», sagt Nadja Fedel über sich. «Organisieren», «Strukturieren» und «Planen» sei ausserdem von jeher ihr grosses Talent. Ein Talent, das die 44-Jährige fast 25 Jahre lang als Event- und Sponsoringmanagerin in der Telekom-Branche bewies: «2018 habe ich ein dreimonatiges Sabbatical gemacht und habe die Zeit genutzt, das Haus von oben bis unten zu entrümpeln und umzustrukturieren», erinnert sich die verheiratete Mutter von zwei Teenagertöchtern. Dabei habe sie viel Ballast abgeworfen, viel verschenkt und gespendet – und jede Menge Erfahrungen gesammelt: «Ich habe herausgefunden, mit einem richtigen System, Routine und einem Plan, funktioniert alles viel besser», erzählt Fedel. In der Folge half sie zunächst Freundinnen und Kolleginnen bei der Neuorganisation ihres Haushalts. Und weil sie darüber hinaus ein glückliches Händchen für Inneneinrichtung hatte, assistierte sie gleich noch beim Einrichten. Dabei reifte die Idee, die beiden Bereiche professionell zu verbinden: «Das Segment ‹Homeorganizing› gibt es in Amerika bereits seit den 80er-Jahren», erklärt Fedel, die schliesslich kurzerhand ihren Marketingjob an den Nagel hängte, sich zum Ordnungscoach ausbilden liess und sich selbstständig machte. Parallel studiert sie derzeit «Interior Design» und berät ihre Kundinnen und Kunden auch in diesem Bereich.

95 Prozent sind Frauen
Die Klienten von Nadja Fedel sind so unterschiedlich, wie deren Bedürfnisse. Der «Klassiker» seien aber Familien mit Kindern, bei denen sich mit der Zeit einfach viel angesammelt habe, sagt sie. Dann seien es fast immer die Frauen, die sich trauten, Unterstützung bei einem Coach zu suchen: «Oft sind es berufstätige Frauen mit Kindern», erzählt Fedel. Immer noch seien sie es, die meist zu Hause alles organisierten – trotz Doppelbelastung durch den Beruf. Aber auch Männer würden das Angebot mittlerweile in Anspruch nehmen und freuten sich diebisch, wenn sie etwa vor dem aufgeräumten Werkzeugkasten stünden. Und selbst Kinder hätten Freude daran, Ordnung zu schaffen, sofern man es spielerisch mit ihnen umsetze. Die Auslöser, einen Ordnungscoach aufzubieten, sind aber in den meisten Fällen dieselben: «Es gibt Konflikte, man hat mehr zum Aufräumen, mehr zum Reinigen, Platzmangel. Man findet die Sachen nicht mehr und weiss nicht, wo man anfangen soll und verschiebt daher das Ganze.» Es gebe sogar Leute, die regelrecht Angst vor unerwartetem Besuch hätten, so Fedel. Das Thema sei bei vielen Menschen äusserst schambehaftet, selbst wenn es sich bei ihren Kunden keineswegs um «Messies» handle, wie sie betont. Fedel unterstützt unter anderem auch bei einem geplanten Neuanfang anlässlich eines Umzugs. Manchmal steckten aber auch berührende Geschichten hinter den Aufträgen – wenn zum Beispiel jemand einen geliebten Menschen verloren habe und Abschied nehmen müsse. «Das Vertrauensverhältnis ist sehr wichtig, auch weil man ja jemanden Fremden in sein Zuhause lässt», sagt Fedel.

Weniger ist mehr
«Jeder Gegenstand, den man besitzt, braucht Zeit zum Aufräumen, Reinigen, Pflegen – oder um ihn zu suchen», erklärt sie. Untersuchungen besagten, dass der Mensch im Laufe seines Lebens mehr als 2,5 Jahre mit Suchen verbringe. Daher lautet der erste Schritt des Coachings: Ballast loswerden. «Ich sage meinen Kunden nicht, sie sollen etwas Bestimmtes wegwerfen», erklärt Fedel. Vielmehr helfe sie durch bestimmte Fragetechniken: «Wie lange hast du das nicht mehr benutzt? Wofür hast du das? Hast du vieles davon?» Die Ergebnisse sind teils überraschend. So sei bei einer Garagenentrümpelung an den aberwitzigsten Stellen literweise Dünger zum Vorschein gekommen: «Der Kunde hat gesagt, damit könne man den ganzen Planeten begrünen», lacht Fedel. Egal, ob sie ein Haus oder nur einen Raum oder den Kleiderschrank ausmisten hilft: Als Erstes wird alles ausgeräumt. Dabei rät die Expertin erst einmal klein anzufangen und sich Bereich für Bereich vorzuarbeiten. Bei Kunden, die eher Schwierigkeiten hätten, loszulassen, beginnt sie beispielsweise mit weniger emotionalen Dingen, wie Socken oder Strümpfen. Der Aha-Moment stelle sich ein, wenn man beispielsweise vor einem riesigen Kleiderberg stehe: «Dann kommt der grosse Schock und sie kommen an den Punkt zu überlegen: Brauche ich das alles?», erzählt Fedel. Manche Kunden könne sie danach kaum noch stoppen. Nach dem Ausräumen werden aber zunächst alle Gegenstände der gleichen Kategorie gesammelt. Dabei zeigt sich laut Fedel bereits häufig, was weg kann und was nicht. Ausserdem sortiere sie nach Projekten: «Was kann repariert werden oder was möchte ich spenden?» Am Ende sind dann nur die Dinge übrig, die bleiben sollen: «Dann ist es wichtig, dass man eine Grundordnung schafft und jedes Ding seinen Platz hat», erklärt Fedel. Helfen können dabei sogenannte «Organizer» wie Boxen oder zusätzliche Tablare im Kleiderschrank. Diese sind aber nicht zwingend notwendig: «Wichtig ist eine Grundlogik.» Tägliche Routinen seien ausserdem das A und O, damit die schöne neue Ordnung erhalten bleibe: «Eine Viertelstunde am Tag reicht, wo man alles einsammelt und wieder an seinen Platz legt.» Die Wege zum gewünschten Ziel sind je nach Kunde sehr individuell. Allen gemeinsam sei aber der positive Effekt sowie die Freude und Dankbarkeit am Ende des Tages, sagt Nadja Fedel: «Wenn ich ein Haus verlasse, sehe ich immer in glückliche Gesichter.»

Michael Lux

«Ich helfe, den ganzen Ballast loszulassen»

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