Unteres Reusstal: Seit diesem Jahr sorgen Ranger dafür, dass die Natur nicht unter Erholungssuchenden leidet

Der Druck auf Natur und Landschaft nimmt immer mehr zu. Der Kanton setzt im unteren Reusstal neu auch Ranger ein. Damit wird exzessiven Freizeitaktivitäten in Schutzgebieten vorgebeugt.

Sie sind mit dem Velo jeden Tag zwischen Bremgarten und Mellingen unterwegs. Ihr Einsatz beträgt bis zu acht Stunden. Die Ranger sorgen dafür, dass die wertvollen Schutzgebiete nicht unter übermässiger Belastung leiden. Sie schauen, dass geltende Vorschriften, Gebote und Verbote, eingehalten werden. Zusätzlich informieren sie auch über die Landschaft und über die Tier- und Pflanzenvielfalt.
Vor zwei Jahren hat der Kanton das Pilotprojekt mit Rangern zwischen Bremgarten und Mellingen lanciert. Bis anhin waren dafür Zivildienstleistende im Einsatz. Nun werden die Einsätze professionalisiert. Seit anfangs Jahr hat die Stiftung Reusstal den Rangerdienst übernommen. Ein Leistungsvertrag mit dem Kanton wurde vereinbart. 2023 wird der Dienst noch alleine vom Kanton berappt. Ab nächstem Jahr sollen die betroffenen Gemeinden einen Teil der Kosten übernehmen. Die einen freuen sich über die Unterstützung durch die Ranger, andere finden das Angebot überflüssig. Reklamiert werden die Kosten – diese werden pro Einwohner abgerechnet. Gemeinden mit weniger Hotspots, würden so zu viel bezahlen. Ob sich alle Gemeinden nächstes Jahr beteiligen, wird sich weisen. Künten, Stetten und Niederwil sind mit von der Partie.

Nicht beachten aus Unwissenheit
«Es ist noch nicht bei allen angekommen, was auf und an der Reuss erlaubt ist», sagt Niklaus Peyer, Leiter der Gruppe Information und Aufsicht der Stiftung Reusstal. Vor allem Zelte aufstellen, Feuer machen oder Hunde frei laufen lassen, ist in Naturschutzgebieten nicht erlaubt. Ein grosses und wachsendes Problem stellen Littering und der zunehmende Bootsbetrieb auf der Reuss dar. «Während der Sommermonate hat es auf der Reuss alle fünf Meter ein Boot und Wasservögel kommen kaum mehr zur Ruhe», so Peyer. «Viele, die eine Pause einlegen, lassen den Abfall einfach liegen.» Zu beobachten sei auch, dass am Zielort das Gummiboot zurückgelassen werde. «Es ist der gleiche Effekt, wie bei einem Festival. Dort nehmen einige Konzertbesucher nach dem Anlass weder ihren Abfall noch ihr Zelt mit nach Hause», sagt Peyer. Die Schutzgebiete an der Reuss seien sehr klein. «Duftspuren werden von Menschen und Hunden hinterlassen. Vögel, Rehe oder auch Hasen fühlen sich in Sicherheit, solange auf den vorgesehenen Wegen geblieben wird», führt er aus. Werden diese verlassen, sei die Duftspur mitten im Naturschutzgebiet. Wildtiere werden dadurch aufgescheucht und bei Vögeln kann es zum Abbruch des Brutgeschäfts kommen.

Bitte Rücksicht nehmen!
Seit der Pandemie verbringt die Bevölkerung wieder vermehrt ihre Freizeit in der Natur. «Der Lebensraum gehört nicht nur den Menschen, sondern auch Tieren, Vögeln und Pflanzen», so Peyer. Im oberen Reusstal sind Ranger der Stiftung Reusstal seit den 1970er-Jahren im Einsatz. «Wir informieren und klären über die geltenden Regeln auf. Wenn das nicht hilft, werden fehlbare Personen auch zurechtgewiesen, verwarnt oder zur Anzeige bei der Polizei gebracht». Die Ranger seien geschult, zu deeskalieren. Vieles passiere oft aus Unwissenheit. Nur selten sei jemand uneinsichtig. Manchmal sei Alkohol im Spiel. Dann bieten die Ranger als Verstärkung die Polizei auf. Besonders die für die Natur wertvollen Hotspots stehen bei den Rangern im Fokus. Nach Wochenenden und Feiertagen fallen an diesen Stellen die Hinterlassenschaften der Ausflügler auf. «Wir sind mit dem Kanton und den Gemeinden über unsere Arbeit im Austausch», sagt Peyer. «Wir melden auch, wenn wir Plätze mit Littering sehen.»

Wildcamper im Vormarsch
Wildcamper sind am Reussufer auf dem Vormarsch. Das bestätigt auch Kurt Diem, Gemeindeammann in Stetten. «Auf unserem Gemeindegebiet fahren jeweils Camper auf Forstwegen, die mit einem Fahrverbot versehen sind, zur Reuss», so Diem. Wildes Campieren an der Reuss ist verboten. Bis anhin musste die Gemeinde die Polizei informieren. Am Stetter Reussufer sind aber auch Littering und die Hinterlassenschaft von Fäkalien ein Problem. «Die Gemeinde würde gerne an den Hotspots Bio-WCs aufstellen», führt Diem aus. Bis anhin erlaubte das der Kanton aber nicht. «Der Gemeinderat Stetten findet den Rangerdienst eine gute Sache», sagt Diem. Da die Ranger uniformiert sind, gebe das einen offiziellen Charakter und habe so auch eine vorbeugende Wirkung. «Dank den Rangern können bei uns besonders empfindlichen Orte an der Reuss, wie die Brutplätze des Eisvogels, besser geschützt werden», sagt Diem. Nebst Stetten wird auch Künten 2024 den Rangerdienst in Anspruch nehmen. Gemeindeammann Daniel Schüepp informierte darüber an der Sommer-Gmeind. Niederwil hat, gemäss Gemeindeammann Norbert Ender, keine Hotspots an der Reuss. «Niederwil wird aus Solidarität mitmachen», sagt er. «Wir werden uns beim Kanton einsetzen, dass ausserhalb der Naturschutzzonen zusätzliche Bade- und Feuerstellen eingerichtet werden.»

Debora Gattlen

Sie sorgen für Ordnung und informieren

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