Bettina Schmid arbeitete über 30 Jahre lang als Hausärztin. Nun freut sie sich auf den Ruhestand

Die Hausärztin Bettina Schmid freut sich auf die bevorstehende Pensionierung. Sie blickt zurück, dankt ihren Patientinnen und Patienten und sie spricht über Musik.

Es ist nichts Schlimmes.» Diese Diagnose sei während drei Jahrzehnten ihre wichtigste gewesen, sagt Bettina Schmid-Stöcklin. Der Hausärztin ist es gelungen, mit diesen Worten viele Patientinnen und Patienten, die in Sorge und mit Ängsten in ihre Sprechstunde in die Gemeinschaftspraxis an der Stetterstrasse gekommen waren, zu beruhigen. Dabei sei ihr stets wichtig gewesen, dass die Patienten verstehen, was in ihrem Körper geschieht. «Ich habe sehr viel erklärt», sagt sie. Sie sprach über Anatomie und darüber, was im Körper abläuft. Oft in einfachen Worten. «Nichts Schlimmes – das wirkt sehr entlastend.»
Vielleicht wird sie diese Worte in den kommenden Tagen noch einige Male sagen dürfen. Und doch sind Bettina Schmids Tage in der Arztpraxis gezählt. Auf Ende Januar wird die Medizinerin pensioniert. Sie freut sich darauf: Keine langen Tage mehr, an welchen sie Patientinnen und Patienten manchmal im Viertelstundentakt begrüsste – «nicht mehr so durchgetaktet sein.»

Die Leidenschaft für die Musik
Die Ärztin wird im Ruhestand aber nicht auf Takt und Rhythmus verzichten. Im Gegenteil. Sie wird mehr Zeit für eine ihrer grossen Leidenschaften aufwenden können: Für das Blockflötenorchester, in dem sie mitspielt. «Unser Orchester», sagt sie, «gleicht einer Orgel mit Flöten in allen Grössen.» Eine dieser Flöten bringt Bettina Schmid zum Klingen.
In der Arztpraxis war sie hingegen immer erst mitfühlende Zuhörerin. Mit den medizinischen Problemen ihrer Patienten lernte sie oft auch deren Geschichten kennen. «Die Menschen vertrauen mir Dinge an, die sie in der Regel nur sehr wenigen erzählen», sagt sie, um anzufügen, «manches erfahre nur gerade ich.» Es ist Bettina Schmid denn auch wichtig, ihren Patientinnen und Patienten für dieses Vertrauen zu danken. «Das ist eine sehr grosse Bereicherung». Ihr Beruf bringe es mit sich, fährt sie fort, dass sie mithelfen und mittragen kann, Menschen durch schwierige Lebensphasen begleitet. Sie hat aber auch Situationen und Momente erlebt, in welchen sie sich fragte, wie sie das Gespräch führen kann. Etwa wenn sie jemandem eine Krebsdiagnose mitteilen musste: «Wie kann ein Mensch diese furchtbare Nachricht, die Trauer und Wut auslösen kann, aufnehmen?» Das habe sie immer sehr beschäftigt. Wenn sie bereits während einer Untersuchung einen Verdacht auf eine schlimme Diagnose hatte, wählte sie ihre Worte mit noch mehr Bedacht, versuchte den Patienten vorzubereiten, sein Denken zu leiten.
Und doch konnte sie oft beruhigen, schon im Vorfeld Ängste aus dem Weg räumen. Immer wieder erlaubte die Situation auch einen saloppen Spruch, der Patientinnen und Patienten aufheiterte und zum Lachen brachte. – «Nichts Schlimmes» eben.

Das Bedauern über die Nachfolge
Wenn Bettina Schmid-Stöcklin Ende Januar in der Mellinger Gemeinschaftspraxis aufhört, dann fehlt eine Nachfolge. «So wie leider an vielen Orten», bedauert sie. Dennoch wird es weitergehen. Markus Egolf, der seine Hausarztpraxis in Stetten mangels Nachfolge auflösen musste, wird an der Stetterstrasse in Mellingen über die eigene Pensionierung hinaus in einem reduzierten Pensum weiter praktizieren. Viele ihrer Patientinnen und Patienten hätten bei Hausärztinnen oder Hausärzten in ihrer Wohngemeinde eine Anschlusslösung gefunden. Diejenigen Patientinnen und Patienten, die noch keinen neuen Hausarzt oder eine Hausärztin gefunden hätten, dürften weiterhin anrufen, fragen. «Wir können Tipps geben», meint Schmid. Und auch die Krankenakten würden den Patienten abgegeben.

Heidi Hess

Mehr Musik, und doch weniger Takt

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